Leaky Gut – was ist der löchrige Darm und wie kannst du ihm entgegenwirken?

Der „Leaky Gut“ ist inzwischen vielen ein Begriff, denn: die auch als „Tight-Junction-Störung“, „Leaky-Gut-Syndrom“, „Barrierestörung“ oder „Permeabilitätsstörung“ bekannte Erscheinung betrifft immer mehr Menschen.

Zunehmend wird das Thema Leaky Gut auch mit Krankheiten wie:

  • Reizdarm
  • Zöliakie
  • Morbus Crohn
  • Colitis Ulcerosa
  • Migräne
  • Rheuma
  • Neurodermitis
  • Multipler Sklerose
  • Parkinson oder
  • Diabetes

in Verbindung gebracht. Was genau der Leaky Gut ist und wie du diesem entgegenwirken kannst, verraten wir dir in unserem Blogartikel.

Leaky gut – was steckt hinter dem Begriff?

Sich den Leaky Gut wörtlich genommen als „löchrigen Darm“ vorzustellen, mag für viele Menschen zunächst erschreckend klingen. Dennoch lohnt es sich, das Thema einmal näher zu beleuchten: Einerseits, um ein Verständnis dafür zu entwickeln – und andererseits, um der Entstehung der eigentlichen Permeabilitätsstörung vorbeugen zu können.

Ob der durchlässige Darm überhaupt eine Krankheit oder vielmehr eine symptomatische Ausprägung diverser Erkrankungen darstellt, ist bisher nicht abschließend geklärt. Das Leaky-Gut-Syndrom beschäftigt Wissenschaftler weltweit und ist immer wieder ein beliebtes Thema für Studien.

Die Darmbarriere als Schutzfunktion für den gesamten Körper

Um den Leaky Gut verstehen zu können, widmen wir uns als erstes den Aufgaben, welche der Darm – konkret die Darmbarriere – zum Schutz unseres Körpersystems eigentlich übernimmt.

Durch seine enorm große Gesamtoberfläche bietet der Darm nämlich zunächst einmal eine ideale Angriffsfläche für Krankheitserreger. Schutz vor diesen Angreifern spendet allerdings die sogenannte Darmbarriere. Diese besteht aus:

  • der Darmflora im Dickdarm
  • der Schleimschicht
  • der Darmschleimhaut.

Auch das Immunsystem des Darms gehört zu den Schutzmechanismen dazu.

Die Darmflora als Dreh- und Angelpunkt

Mit Hilfe von etwa 100 Billionen „gesunden“ Darmbakterien, die ca. 0,5 bis 1,5 kg wiegen, schützt die Darmflora den Körper vor gesundheitsschädlichen Keimen. Die eigenen Darmbakterien hemmen nämlich das Wachstum körperfremder Bakterien. Zudem regulieren die Darmbakterien die natürliche Schutzfunktion der Darmschleimhaut und sorgen dafür, dass die Schleimschicht regelmäßig erneuert wird. Zudem produziert die Darmflora kurzkettige Fettsäuren als Nährstoffe für die Darmschleimhautzellen und interagiert darüber hinaus mit dem Immunsystem im Darm.

Die Schleimschicht des Darms – Schutz für die Darmschleimhaut

Die Schleimschicht – auch Mukosa-Schleim oder Mukus genannt – liegt wie ein schützender Mantel auf der Darmschleimhaut. Mit ihrer gelartigen Konsistenz schützt sie die tieferen Schichten der Darmschleimhaut vor Schadstoffen. Zudem gibt der Mukosa-Schleim das sekretorische Immunglobulin A (slgA) – eine Art immunsystemeigenen Antikörper – in das Innere des Darms ab. So gesehen ist sIgA die erste Immunabwehr im Darm. Das sIgA bindet Schad- und Giftstoffe im Darminneren – und entlastet auf diese Art die Darmschleimhaut. Der gebundene Giftstoff wird vom Körper einfach mit dem Stuhl ausgeschieden. Eine umfangreiche Versorgung des Darms mit sIgA trägt somit maßgeblich zum Schutz des Immunsystems und der Darmschleimhaut bei.

Die Darmschleimhaut und ihre „Tight Junctions“

Die Darmschleimhaut befindet sich unter der Schleimschicht. Sie besteht aus zahlreichen Schleimhautzellen, die über sogenannte „Tight Junctions“ verbunden sind. Bei den „Tight Junctions“ handelt es sich um Proteine, welche die verschiedenen Zellen zusammenhalten. Ohne diese könnten Schadstoffe die kleinen Zell-Zwischenräume nutzen, um in den Blutkreislauf zu gelangen.

Verlust der Schutzmechanismen beim Leaky Gut

Beim Leaky Gut geraten die Schutzmechanismen aus dem Gleichgewicht. Das bedeutet:

  • Die Darmflora ist gestört: „Gute“ Darmbakterien sterben ab und „schlechte“ Bakterien mit entzündungsfördernder Wirkung vermehren sich. Die daraus resultierende Entzündungsreaktion begünstigt, dass die Darmschleimhaut durchlässig wird.
  • Die schützende Schleimschicht des Darms wird zunehmend dünner.
  • Die Menge des schützenden sIgA nimmt durch die immer dünner werdende Schleimschicht ab.
  • Die „Tight Junctions“ arbeiten nicht mehr richtig und der Darm wird durchlässig – beziehungsweise „löchrig“.

Somit verliert die Darmschleimhaut ihre Funktion als schützende Barriere zwischen dem Blutkreislauf des Körpers und dem Inhalt des Darms. Giftstoffe und weitere unerwünschte Bestandteile können nun ungefiltert in den Blutkreislauf gelangen.

Reaktion des Immunsystems: die stille Entzündung

Die Giftstoffe im Blutkreislauf alarmieren nun das Immunsystem. Um den Körper vor diesen zu schützen, setzt eine Immunantwort in Form einer Entzündungsreaktion ein. Da diese zumeist unbemerkt abläuft, wird sie auch als „stille Entzündung“ („Silent Inflammation“) bezeichnet. Die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut erhöht sich durch die Entzündung meist noch weiter. So können wiederum noch mehr Schad- und Giftstoffe in den Blutkreislauf gelangen – es entwickelt sich eine Abwärtsspirale.
So entsteht der Leaky Gut: mögliche Ursachen und Symptome
Wie zuvor festgestellt, macht sich eine stille Entzündung zumeist nicht direkt bemerkbar. Auch die Symptome für einen löchrigen Darm zeigen sich eher diffus. Diese reichen von:

  • Blähungen
  • Nahrungsmittelintoleranzen
  • Reizdarmsyndrom
  • Migräne
  • andauernden Gelenk- oder Muskelschmerzen
  • Nervosität und Konzentrationsstörungen
  • Hautproblemen wie Ekzemen und Akne
  • wiederkehrenden Blaseninfektionen
  • Stimmungsschwankungen und Depressionen

bis hin zu weiteren Beschwerden wie anhaltender chronischer Müdigkeit oder sogar Depression.

Bei den meisten der vorgenannten Symptome denkt kaum jemand gleich an den Darm und daran, diesen zu regenerieren. Um den Schritt der Regeneration gehen zu können, stellt sich zunächst die Frage, wie der Leaky Gut überhaupt entstehen kann.

Als mögliche Ursachen hierfür gelten:

  • Falsche Ernährung:
    • insbesondere stark verarbeitete, zuckerreiche Nahrungsmittel mit isolierten Kohlenhydraten wie weißem Mehl, Reis etc.
    • übermäßiger Fettkonsum (z.B. Wurst, Käse, raffinierte Pflanzenöle)
    • erhöhter Alkoholkonsum
  • Nährstoffmangel: Um voll funktionsfähig zu sein, ist der menschliche Körper auf diverse Nährstoffe angewiesen – ebenso die Darmschleimhaut. Ein Nährstoffmangel kann daher ebenfalls die Entstehung eines löchrigen Darms begünstigen.
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien: Auch diese können einen Leaky Gut verursachen. Die ständige Belastung des Darms mit „ungeeigneter“ Nahrung ruft hier eine Reaktion beim Immunsystem hervor. Häufig stehen Lebensmittel wie Milchprodukte, glutenhaltige Nahrung, Nüsse und Soja als Ursache im Verdacht.
  • Die Einnahme bestimmter Medikamente wie einige Entzündungshemmer, Schmerzmittel und Antibiotika: Diese können die Darmschleimhaut angreifen und die Darmflora irritieren. Beispielsweise Antibiotika töten nicht nur schädliche Bakterien ab, sondern auch jene, die als gesundheitsfördernd gelten.
  • Pilzinfektionen: Diese können die Entstehung der Permeabilitätsstörung ebenso begünstigen. Hier kann es beispielsweise nach der Einnahme von Antibiotika zu einem übermäßigen Anstieg der Pilzmenge kommen, welche schließlich die gesunde Darmflora verdrängen. Zudem sondern die Pilze (z.B. Candida Albicans) für die Darmschleimhaut schädliche Giftstoffe ab.
  • Stress: Auch Stress kann ein Einflussfaktor für den Leaky Gut sein.
  • KPU: Auch die Stoffwechselstörung „Kryptopyrrolurie“ – kurz KPU – gilt als möglicher Auslöser des Leaky-Gut-Syndroms.
  • Strahlen- und Chemotherapie: Beide Behandlungen töten zumeist nicht nur Krebszellen, sondern auch die schützenden Zellen der Darmschleimhaut ab – und begünstigen so das Leaky-Gut-Syndrom.

Diagnose „Leaky Gut“: Labor-Parameter beziehungsweise Marker

Um einen Leaky Gut zu diagnostizieren, stehen verschiedene Ansätze und Parameter zur Auswahl.

  • Zonulin: Das Protein „Zonulin“ kann die Tight Junctions öffnen und die Darmschleimhaut somit durchlässiger machen. Erhöhte Zonulin-Werte im Blutserum oder im Stuhl sprechen daher für einen Leaky Gut. Interessant ist dabei, dass auch Gluten die Zonulin-Werte steigen lassen kann.
  • Sekretorisches IgA (sIgA): Bei diesem handelt es sich, wie bereits beschrieben, um einen Immunmarker der Schleimhaut. Mit Hilfe des sIgA kann eine Immunreaktion im Darm erfasst werden. Eine überdurchschnittlich starke Reaktion kann hier die Diagnose des Leaky-Gut-Syndroms stützen.
  • Alpha-1-Antitrypsin: Der Entzündungsmarker Alpha-1-Antitrypsin bezieht sich auf die oberflächliche Darmschicht und gibt Aufschluss über die Funktionsfähigkeit der Darmbarriere. Der Parameter wird mit Hilfe einer Untersuchung des Stuhls ermittelt.
  • Ergänzend kann auch Calprotectin, das über tiefere Darmschichten Auskunft gibt, herangezogen werden.
  • Auch über eine Verbindung zwischen einem erhöhten Histamin-Wert und Leaky Gut wird zunehmend diskutiert.
  • Zudem gibt es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Leaky Gut und Ammoniak. Ammoniak sowie Fuselalkohole können im Darm aus Fäulnisbakterien gebildet werden. Beim Leaky Gut kann es dazu kommen, dass größere Mengen Ammoniak die schützende Darmbarriere überwinden und so die Leber und das gesamte System des Körpers belasten.

Zumeist lohnt es sich, mit einer Darmanalyse einen ganzheitlichen Blick auf den Darm zu werfen. Diese verrät nämlich auch, ob:

  • genug „gesunde“ Darmbakterien vorhanden sind – wie Laktobazillen und Bifidobakterien
  • potenziell gesundheitsschädliche Bakterien und Pilze in übermäßigem Umfang vorhanden sind. Ein gutes Beispiel hierfür sind Escherichia-coli-Bakterien (kurz E. coli). In gewissen Mengen gehören diese zu einer ausgewogenen Darmflora dazu – in erhöhten Mengen können sie jedoch massive Probleme bereiten.

Neustart für den Darm: verschiedene Therapieansätze beim Leaky Gut

Ein ausgeglichener Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Bewegung und wenig Stress ist prinzipiell für wohl jeden Menschen erstrebenswert. Auch dem Leaky Gut kann so vorgebeugt – beziehungsweise entgegengewirkt – werden. Wir verraten dir nun wie:

Mit ausgewogener Ernährung dem löchrigen Darm vorbeugen und entgegenwirken
Das wohl größte Potenzial liegt darin, sich ausgewogen zu ernähren [Blogartikel: Ernährung für den Darm (Anne)] – und der Entstehung eines löchrigen Darms so von Anfang an vorzubeugen. Stark verarbeitete oder sehr zuckerhaltige Lebensmittel sind kontraproduktiv. Naturbelassen, abwechslungsreich und vollwertig zu speisen, ist hingegen ideal.
Hier ein konkretes Beispiel für einen abwechslungsreichen Speiseplan:

  • Viel frisches Gemüse
  • Viel frisches Obst (insbesondere Beeren)
  • Frische Kräuter
  • Kartoffeln (insbesondere auch kalt genießen)
  • Als Süßungsmittel auf Naturprodukte wie Honig, Ahornsirup oder Kokosblütenzucker setzen
  • Sparsam mit Fetten umgehen
  • Möglichst nur leicht industriell verarbeitete Lebensmittel wie Tofu – und auch nur in Maßen – genießen
  • Bei klassischem Getreide lieber auf Vollkorn setzten
  • Glutenfreie Getreidearten wie Buchweizen, Vollkornreis, Hirse, Hafer, Kartoffel-, Kastanien- oder Mandelmehl sowie Quinoa und Amaranth bieten eine ausgezeichnete Alternative zu glutenhaltigen Getreidearten – und bringen Abwechslung in den Speiseplan.
  • Stress reduzieren oder am besten ganz vermeiden

    Wer die Darm-Hirn-Achse [Link zu Blogartikel Darm-Hirn-Achse (Wendi)] und somit auch die Zusammenhänge zwischen Darm und Hirn kennt, weiß, dass beide stark miteinander interagieren. Stress kann sich sowohl negativ auf die Darmflora auswirken wie auch umgekehrt eine gestörte Darmflora die Psyche beeinflussen kann. Hier lohnt es sich also sowohl im Darm wie auch im Hirn für optimale Verhältnisse zu sorgen.

    Aufbau des Darms mit Mikronährstoffen

    Wer schon unter einem Leaky Gut leidet, kann – je nach individuellem Nährstoffstatus – mit Mikronährstoffen wie Glutamin und Vitalstoffen wie Biotin, Vitamin A, Zink, Selen sowie Omega-3-Fettsäuren und der insbesondere im Trinkmoor enthaltenen Huminsäure positive Effekte erzielen.

    Probiotika, Präbiotika und Synbiotika gegen den Leaky Gut

    Auch Probiotika, Präbiotika sowie Synbiotika [Link zu Blogartikel (Wendi)] gelten als förderlich, um einem Leaky Gut entgegenzuwirken. So zeigte beispielsweise eine Studie, dass durch Probiotika die Zonulin-Konzentration reduziert werden konnte – und Probiotika die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut wieder optimieren können.1

    Da Probiotika entsprechendes „Futter“ in Form von Balllaststoffen benötigen, um zu gedeihen, setzen inzwischen immer mehr Menschen auch auf „Präbiotika“. Bei diesen handelt es sich um Ballaststoffe wie Flohsamenschalen, Akazienfasern oder Baobab – sowie Kombinationen dieser. Auch Inulin und Oligofructose (FOS) gehören dazu. Diese können allerdings – insbesondere zu Beginn der Einnahme – zu Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen und Blähungen führen.

    „Synbiotika“ stellen die nächste Stufe dar, denn sie vereinen die Vorteile von Pro- und Präbiotika. Synbiotika beinhalten nämlich sowohl Probiotika wie Laktobazillen und Bifidobakterien als auch das „Futter“ für diese – also präbiotische Ballaststoffe wie Akazienfasern. Die so erschaffenen Synergieeffekte werden zudem teilweise noch durch die Hinzugabe unterstützender Nährstoffe wie Glutamin, Vitamin A, Zink, Biotin und Omega-3-Fettsäuren ergänzt.

9. April 2023

Mehr davon? Abonniere den Nutricy Newsletter.

Erhalte zwei mal im Monat den Nutricy Newsletter mit interessantem Blogartikeln und leckeren Rezepten für einen gesunden Lifestyle.

Quellen

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3465223/