Migräne und Darm – Mögliche Zusammenhänge

Ungefähr 14 Prozent der Erwachsenen Bevölkerung leiden unter wiederkehrenden Migräneanfällen. Selbst Kinder können davon betroffen sein. Am häufigsten treten Migräneanfälle bei Frauen auf – etwa dreimal mehr als bei Männern.1

Zu den typischen Symptomen zählen plötzliche, starke Kopfschmerzen. Gelegentlich kommen Lichtempfindlichkeit, vermehrte Sensibilität gegenüber Gerüchen und Geräuschen sowie zuweilen Übelkeit hinzu. Immer öfter wird ein Ungleichgewicht der Darmflora mit dem Thema Migräne in Verbindung gebracht – und mittels Studien untersucht.

Mit unserem Blogartikel beleuchten wir den Zusammenhang zwischen Darm und Migräne näher und gehen auf mögliche unterstützende Maßnahmen ein.

Wie entsteht Migräne – Auslöser, Ursachen und mehr

Als sogenannte „Trigger“ – also Auslöser – für Migräneanfälle gelten unter anderem:

  • Schlafmangel
  • Stress
  • Hormonungleichgewicht
  • äußere Einflüsse wie ein Wetterumschwung sowie Reizüberflutungen durch beispielsweise Lärm
  • bestimmte Stoffe wie z.B. Histamin oder Tyranin, die in Lebensmitteln und Genussmitteln enthalten sind
  • Ernährungsfehler, besonders mit einhergehenden Blutzuckerschwankungen, vor allem bei Unterzucker

Welche körperlichen Ursachen zur Entstehung einer Migräne führen, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Unter Verdacht stehen unter anderem Entzündungsprozesse im Gehirn. Dabei werden über längere Zeit entzündungsfördernde Botenstoffe ausgeschüttet, welche das Hirn permanent reizen.

Auch diverse Erkrankungen des Darms wie beispielsweise der sogenannte „Leaky Gut“ (löchrige Darm) werden häufig mit der Migräne in Verbindung gebracht. Bei diesem kommt es durch eine gestörte Darmflora und dem daraus resultierenden Verlust von Schutzmechanismen im Darm zu einer Permeabilitätsstörung. So wird der Darm durchlässig für Giftstoffe. Auch werden chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn immer öfter mit dem Thema Migräne assoziiert. Ebenso zeigen Untersuchungen, dass es Zusammenhänge zwischen Migräneanfällen und verschiedenen gastrointestinalen Störungen, wie beispielsweise Zöliakie oder dem Reizdarmsyndrom, gibt.1

Eine sinnvolle Erklärung zu diesen Zusammenhängen könnte hier die Darm-Hirn-Achse liefern.

Migräne und die Darm-Hirn-Achse

Als „Darm-Hirn-Achse“ wird die Verbindung zwischen Bauch und Kopf bezeichnet – also zwischen enterischem Nervensystem (Magen-Darm-Trakt) sowie zentralem Nervensystem (Gehirn und Rückenmark). Das enterische Nervensystem und das zentrale Nervensystem verfügen nämlich über identische Rezeptoren und Zelltypen und produzieren beide dieselben Botenstoffe. Über Nervenverbindungen im Rückenmark sowie den Austausch von Neurotransmittern und Hormonen wie Serotonin, Dopamin und GABA können die beiden Nervensysteme – und somit auch Kopf und Bauch – hervorragend miteinander interagieren.

Eine wesentliche Rolle hierbei spielt auch der Vagusnerv als vermutlich bekanntester der 12 Hirnnerven. Der Großteil der Nervenfasern des Vagusnervs verläuft nämlich vom Bauch aus in Richtung Hirn. So informiert er das Hirn zum Beispiel über den aktuellen Status im Darm sowie anderen Organen in der Bauchregion.

Zur Kommunikation zwischen Bauch und Kopf tragen auch die Darmbakterien einen wesentlichen Teil bei. Die über 1000 verschiedenen Bakterienarten mit einem Gesamtgewicht von ca. 1,5 Kilo unterstützen fortwährend den Verdauungsprozess im Körper. Sie produzieren kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat, Propionat sowie Acetat und ebenso hormonähnliche Substanzen. So können auch sie bei der Kommunikation zwischen Darm und Hirn mitwirken. Die Darmflora zählt daher zu den wichtigen Bestandteilen der Darm-Hirn-Achse.

(Darm)bakterien und Migräneanfälle

Für die Entstehung der Migräne stehen wie zuvor beschrieben unter anderem Entzündungsprozesse im Gehirn als mögliche Auslöser unter Verdacht – konkret die Wechselwirkung zwischen mehreren Entzündungsmarkern wie IL-6, IL-8 und TNF-α sowie Stresshormonen, Nährstoffen und Neuropeptiden. Bei letzteren wird vermutet, dass sie eine antimikrobielle Wirkung auf verschiedene Bakterienstämme von Darm haben. Somit ist die Annahme naheliegend, dass auch ein Zusammenhang zur Darm-Hirn-Achse besteht.

Nach aktueller Wissenslage könnte eine Abtötung bestimmter Bakterien im Darm das Ausmaß von Migräneanfällen verringern.1

Darüber hinaus liefert eine Studie der University of California San Diego aus dem Jahr 2016.2 Hinweise für einen möglichen Zusammenhang zwischen Migräneanfällen sowie der Darm- und Mundflora. In den Proben von Patienten mit Migräne wurde ein höherer Wert an nitratverarbeitenden Bakterien gefunden als bei nicht davon betroffenen. Möglicher Grund: Das vom Körper aufgenommenen Nitrat wird in Stickstoffmonoxid umgewandelt. Daraus können Migräneanfälle resultieren. Auch hieraus lässt sich schlussfolgern, dass eine gesunde Darmflora zu einer Reduzierung der Migräne-Beschwerden führen könnte. Ein weiterer Aspekt bei diesen Überlegungen sind die Mikroglia-Zellen.

Mikroglia-Zellen, Darmbakterien – und Migräne

Die Mikroglia-Zellen gibt es sowohl in der weißen wie auch der grauen Substanz des Hirns. Sie schützen das zentrale Nervensystem vor Krankheitserregern.

Seit einiger Zeit beschäftigen sich Untersuchungen mit möglichen Zusammenhängen zwischen Mikroglia-Zellen, Darmbakterien und Leiden wie Migräne.

So zeigte eine Studie, dass die Entstehung chronischer Schmerzen durch ein peripheres Trauma gemindert oder sogar verhindert werden kann, wenn die Bildung von Mikroglia – und somit auch die Proliferation ungünstiger Mikroglia – im Gehirn frühzeitig unterbunden wird. Aus den Resultaten schlussfolgerten die Forscher, dass die Mikroglia kurz nach einem Trauma die Entstehung chronischer neuropathischer Schmerzen auslösen können. Auch für die Entwicklung von Schmerzmitteln könnte die spezielle Reaktion der Mikroglia im Hirn nach Ansicht der Forscher daher in Zukunft sinnvoll mitberücksichtigt werden.3

Eine andere Studie des Universitätsklinikums Freiburg, zeigte dass die Besiedlung des Darms mit Bakterien die Immunabwehr im Gehirn beeinflussen kann. Dies wirkt sich möglicherweise auch auf die Entwicklung von Hirnkrankheiten wie Alzheimer aus.

Im Mausmodell zeigten die Wissenschaftler, dass Abbauprodukte von Darmbakterien die Funktion der Mikroglia steuern können. So stellen die Darmbakterien beispielsweise bei der Zersetzung von Ballaststoffen kurzkettige Fettsäuren her, welche für funktionierende Mikroglia-Zellen elementar sind. Mäuse ohne entsprechende Darmbakterien entwickelten eine unreife Mikroglia. Als bei den Mäusen dann eine Darmflora angesiedelt wurde, entwickelten sich auch die Mikroglia-Zellen weiter.4

Hieraus lassen sich mögliche Rückschlüsse auf eine Auswirkung der Darmbakterien auf die Entstehung von Migräneanfällen ziehen.

Dem Körper Gutes tun – und Migräne entgegenwirken

Als ersten Ansatzpunkt können Migränebetroffene der Entstehung eines Migräneanfalls vorbeugen, indem sie die klassischen Trigger meiden. Hier lohnt es sich also, Stress und Reizüberflutungen im Alltag zu reduzieren, für ausreichend Schlaf und Bewegung zu sorgen, auf entsprechende Nahrungs- und Genussmittel weitgehend zu verzichten und zudem auf eine ausgewogene Ernährung zu achten.

Wer seinen Darm neben ausgewogener Ernährung zusätzlich unterstützen will, kann dies beispielsweise mit Probiotika, Präbiotika oder Synbiotika tun.

Probiotika, Präbiotika und Synbiotika – ein kurzer Überblick

Probiotika sind spezielle Bakterienkulturen wie Laktobazillen und Bifidobakterien. Immer stärker vermuten Forscher hier einen möglichen positiven Effekt bestimmter Darmbakterien und Probiotika auf die Darmflora und das Wohlbefinden und entwickeln entsprechende Studien.

Bei den „Präbiotika“ handelt es sich um Ballaststoffe wie Baobab, Flohsamenschalen, Akazienfaser oder Inulin. Diese kann der Körper zwar nicht verdauen, jedoch bilden sie ein natürliches Futter für als gesundheitsfördernd geltende Darmbakterien wie Bifidobakterien oder Laktobazillen.

„Synbiotika“ beziehungsweise „Symbiotika“ kombinieren das Beste aus Präbiotika und Probiotika und erzeugen so vorteilhafte Synergieeffekte. Synbiotika bestehen zumeist aus Bifidobakterien und Laktobazillen sowie präbiotischen Ballaststoffen, welche den Darmbakterien als Nahrung dienen.

4. November 2022

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Quellen

  1. https://www.researchgate.net/publication/339247497_Gut-brain_Axis_and_migraine_headache_A_comprehensive_review
  2. https://journals.asm.org/doi/full/10.1128/mSystems.00105-16
  3. https://www.nature.com/articles/ncomms12029
  4. https://www.uniklinik-freiburg.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/490-darmbakterien-sorgen-fuer-gesundes-gehirn.html