Reizdarm, Migräne und Darmgesundheit – gibt es einen Zusammenhang?

Der Reizdarm äußert sich typischerweise mit wiederkehrenden Bauchschmerzen, Durchfall und weiteren Verdauungsstörungen, die über mehrere Monate oder länger andauern. Von dem Leiden sind etwa 9 bis 23 Prozent der Bevölkerung betroffen1 – Frauen etwa zweimal so oft wie Männer.2

Immer häufiger wird das Reizdarmsyndrom auch mit Migräne assoziiert und mittels Studien untersucht.2 Mit unserem Blogartikel verraten wir dir, wie Reizdarm, Migräne und Darmgesundheit zusammenhängen – und welche ganzheitlichen Maßnahmen es beim Reizdarmsyndrom gibt.

Der Reizdarm: Symptome und mögliche Ursachen

Menschen, die am Reizdarmsyndrom leiden, kennen die Symptome nur zu gut:

  • Bauchschmerzen oder Bauchkrämpfe
  • Blähungen
  • Durchfall – oder hingegen Verstopfung
  • ein unangenehmes Völlegefühl

gehören zu den typischen Anzeichen des Reizdarmsyndroms und treten zumeist vor allem nach den Mahlzeiten auf.

Die genauen Ursachen für die Entstehung des Reizdarmsyndroms sind bis heute nicht abschließend geklärt, jedoch gelten insbesondere folgende Faktoren als mögliche Auslöser:

1. Infektionskrankheiten als mögliche Ursache für die Entstehung des Reizdarms

Etwa einer von zehn Reizdarm-Betroffenen glaubt, dass eine Infektionskrankheit der Auftakt für die Entwicklung seines Reizdarmsyndroms war. Studien stützen diese These und weisen darauf hin, dass bis zu 36 Prozent der Darminfektionen zu neuen bleibenden Reizdarm-Symptomen führen. Die Dauer der Ersterkrankung, die Toxizität des Bakterienstamms, die Entzündungsmarker der Schleimhaut und weitere Faktoren scheinen hierbei ebenfalls eine Rolle zu spielen. Während das Risiko mit einem Alter über 60 Jahren abzunehmen scheint, ist die Behandlung mit Antibiotika offenbar mit einem erhöhten Risiko verbunden.1

2. Gestörte Interaktion zwischen Darm und Hirn

Studien weisen darauf hin, dass es mögliche Zusammenhänge zwischen dem Reizdarmsyndrom und einer Veränderung hinsichtlich der Interaktion zwischen Kopf und Bauch gibt.1 Auch Depressionen und Angstzustände treten bei Reizdarmpatienten häufiger auf. Das Zusammenspiel von Darm und Hirn beim Reizdarmsyndrom könnte somit auch erklären, wieso Antidepressiva bei Reizdarmpatienten in einigen Fällen positive Effekte erzielen können.

3. Darmbakterien und Reizdarm

Dass bei Menschen mit Reizdarmsyndrom häufig eine bakterielle Überbesiedelung des Dünndarms mit bestimmten Stämmen besteht, zeigen Studien bereits.1 Unklar bleibt, ob die Fehlbesiedlung Auslöser für die Entstehung des Leidens ist – oder eine Folge der Erkrankung.

Neben den vorgenannten Faktoren stehen eine Dysregulation des Hormons Serotonin sowie genetische Faktoren als mögliche Ursachen für die Entwicklung des Reizdarmsyndroms im Verdacht.1 Auch scheinen insbesondere bei Reizdarmpatienten mit Durchfall vermehrt chronische stille Entzündungen aufzutreten.

Nicht leicht: Diagnosestellung „Reizdarmsyndrom“

Einen Reizdarm zu diagnostizieren stellt Mediziner nicht selten vor eine Herausforderung, da die Symptome des Leidens auch denen weiterer Erkrankungen wie „Zöliakie“, „Morbus Crohn“ oder „Leaky Gut“ ähneln können. Zudem sind die Symptome meist sehr individuell und verändern sich bei einigen Betroffenen auch über die Zeit. Aktuell gibt es auch noch keinen validen Test, mit dem sich ein Reizdarmsyndrom eindeutig diagnostizieren ließe.
Gängiger Ansatz ist es daher, durch entsprechende Untersuchungen zunächst andere Erkrankungen auszuschließen und dann die Diagnose „Reizdarmsyndrom“ zu stellen.

Reizdarm – die Darm-Hirn-Achse unter der Lupe

Betrachten wir die soeben aufgeführten möglichen Ursachen für die Entstehung des Reizdarms noch einmal genauer, so stellen wir fest, dass entweder der Darm, das Gehirn – oder das Zusammenspiel beider immer wieder eine Rolle spielen. Dies gilt sowohl für die Infektionskrankheiten im Darm, die Fehlbesiedlung mit bestimmten Darmbakterien als auch für die gestörte Interaktion zwischen Darm und Hirn sowie die Dysregulation des Serotoninspiegels.

Um diesen Sachverhalt besser verstehen zu können, wollen wir nun noch einmal die Darm-Hirn-Achse und ihre Bedeutung bei der Interaktion zwischen Bauch und Kopf näher beleuchten. Auch betrachten wir die mögliche Bedeutung der Darm-Hirn-Achse bei der Entstehung von Erkrankungen.

„Darm-Hirn-Achse“ ist der Name für die Verbindung, welche zwischen dem Bauch (Darm) und dem Kopf (Hirn) besteht. Konkret verbindet sie das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) mit dem enterischen Nervensystem (Magen-Darm-Trakt). Beide Systeme besitzen identische Rezeptoren sowie Typen von Zellen. Die zwei Systeme kommunizieren miteinander, indem sie Hormone wie Serotonin, Dopamin und GABA sowie Neurotransmitter austauschen.

Zudem ist die Darmflora ein wichtiger Teil der Darm-Hirn-Achse: Mit ihren 1,5 Kilo Gesamtgewicht wirken die im Darm angesiedelten Bakterien ebenfalls maßgeblich bei der Interaktion zwischen Kopf und Bauch mit, beispielsweise durch die Produktion hormonähnlicher Substanzen und kurzkettiger Fettsäuren.

Auch der Hirnnerv „Vagus“ gehört zur Darm-Hirn-Achse: Er übermittelt wichtige Informationen zwischen Darm und Gehirn. Weitere Details hierzu gibt es in unserem Blogartikel zur Darm-Hirn-Achse.

Das Reizdarmsyndrom und Erkrankungen wie Migräne

Immer öfter werden Veränderungen der Darmflora und mögliche Auswirkungen auf die Darm-Hirn-Achse mit der Entstehung verschiedener Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Angstzuständen, Depressionen und Migräne assoziiert. Die zuvor in diesem Beitrag genannten Hinweise auf mögliche Zusammenhänge zwischen Reizdarmsyndrom und psychischen Leiden wie Angstzuständen und Depressionen sowie die positive Wirkung von Antidepressiva bei diversen Fällen mit Reizdarmsyndrom stützen diese Überlegung.

Insbesondere bei der Migräne weisen mehrere Faktoren auf eine mögliche Verbindung zum Reizdarmsyndrom hin. So zeigen Studien, dass die Wahrscheinlichkeit von Migräneanfällen betroffen zu sein bei Menschen mit Reizdarmsyndrom etwa 60 Prozent höher ist als bei Menschen ohne dieses Leiden.2

Verbreitete Ansätze zur Verbesserung des Reizdarmsyndroms

Um dem Reizdarmsyndrom entgegenzuwirken, gibt verschiedene Ansätze. Während sich beispielsweise der Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel bei einigen Patienten mit Reizdarm als symptommindernd erweist, verstärkt das Auslassen von Mahlzeiten die Symptome offenbar.1 Beliebte Therapieansätze beim Reizdarmsyndrom sind beispielsweise die sogenannte FODMAP-Ernährung sowie die Reduktion von Stress – insbesondere im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme. Auch eine Steigerung des Verzehrs von Ballaststoffen sowie gegebenenfalls Prä-, Pro oder Synbiotika gelten als mögliche Maßnahmen. Wir stellen dir die verschiedenen Ansätze nachfolgend näher vor.

FODMAP-Ernährung gegen den Reizdarm

Studien zum Thema Reizdarmsyndrom zeigen, dass hier offenbar ein Zusammenhang zwischen vermehrter Fettaufnahme und Durchfall besteht – und eine höhere Aufnahme von Fett auch das Auftreten von Durchfall steigert. Kohlenhydrate haben einen ähnlich negativen Effekt bei Menschen mit Reizdarmsyndrom. Auch die sogenannten „FODMAPs“ – also fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide sowie Polyole (Zuckeralkohole) können die typischen Symptome des Reizdarmsyndroms wie Blähungen und weitere Bauchbeschwerden verursachen. Die sogenannte FODMAP-Ernährung sieht daher vor, insbesondere diese Stoffe zu meiden – und somit zumindest für einige Wochen auf Nahrungsmittel zu verzichten wie:

  • Weizen
  • Milchprodukte
  • Steinobst
  • Süßigkeiten – zumeist auch zuckerfreie, wenn diese mit den kritischen Polyolen wie Sorbit und weiteren Zuckeralkoholen gesüßt sind
  • Milchprodukte (Menschen mit Reizdarmsyndrom sind beispielsweise auch häufiger von Laktoseintoleranz betroffen als Menschen ohne dieses Leiden).
    1

Bei Reizdarmsyndrom gemütlich speisen

Für Menschen mit Reizdarm empfiehlt es sich, Stress im Alltag deutlich zu reduzieren. Insbesondere die Mahlzeiten sollten in entspannter Atmosphäre verzehrt werden.

Ballaststoffe und Probiotika gegen den Reizdarm

Ähnlich wie beim Leaky Gut handelt es sich auch beim Reizdarmsyndrom um eine Erkrankung mit erhöhter Darmpermeabilität (Durchlässigkeit des Darms). Daher stellt sich die Frage, inwieweit sich Prä-, Pro-, und Synbiotika analog zum Leaky-Gut-Syndrom als nützlich erweisen könnten.

Was sind Probiotika, Präbiotika und Synbiotika?

Bei den „Probiotika“ handelt es sich um bestimmte Bakterien wie Bifidobakterien und Laktobazillen. Diesen wird ein unterstützender Einfluss auf die Darmflora nachgesagt.

„Präbiotika“ sind Ballaststoffe wie Akazienfasern, Baobab, Inulin oder Flohsamenschalen. Ballaststoffe können vom Körper nicht verdaut werden, allerdings dienen sie den „guten“ Darmbakterien als Futter zur Vermehrung.

„Synbiotika“ sind eine Kombination aus Probiotika und Präbiotika. Sie dienen dem Zweck, neben den als gesundheitsförderlich geltenden Probiotika auch gleich die Nahrungsgrundlage für diese mitzuliefern. Ausführliche Informationen zum diesem Thema bekommst du in unserem Blogartikel Probiotika, Präbiotika und Synbiotika – wie unterscheiden sie sich?

Welche Bedeutung haben Prä-, Pro-, und Synbiotika beim Reizdarmsyndrom?

Laut Studien können beim Reizdarmsyndrom bestimmte Ballaststoffe wie die zu den unlöslichen Ballaststoffen zählenden Flohsamenschalen einen symptomlindernden Effekt erzielen. Der Verzehr löslicher Ballaststoffe zeigt gemäß Studien allerdings eine stärkere Wirkung für die Reduktion der Reizdarm-Symptome wie beispielsweise Verstopfung.1

Auch Probiotika sind ein beliebter Ansatz beim Reizdarmsyndrom, so zeigte beispielsweise ein bestimmtes Bifidobakterium eine Verbesserung verschiedener Symptome von Menschen mit Reizdarmsyndrom. Ein entsprechender Nachweis für einen positiven Einfluss von Laktobazillen beim Reizdarmsyndrom steht allerdings noch aus.1

Da Synbiotika den Sinn haben, die positiven Eigenschaften von Probiotika und Präbiotika zu vereinen, können auch hier entsprechende positive Effekte nahe liegen.

6. Mai 2024

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Quellen

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4051916/
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4240046